Angst vor dem Fliegen ?

JA,  hatte ich – aber nicht lange (659 Flugstunden)  – meine subjektive Fokker 50 Geschichte  !

Austrian Airlines haben mir, nach wochenlangen Auswahlverfahren, einen unbefristeten Vertrag angeboten; noch dazu einen Konzernvertrag, heißt nicht nur bei der ungeliebten Propellertochter AAS. Drei Jahre Turboprop fliegen und dann auf die Düse zu wechseln – Traum jedes österreichischen Piloten damals. Ich unterschreibe gerne bei Frau B-D. – graue Personaleminenz der AUA damals und werde in der rot-weiß-roten Familie begrüßt. Mit einer großen Träne in den Augen übersiedle ich aus den Tiroler Bergen in`s  flache ostniederösterreichische Flachland, nach Petronell.

Die Ausbildung zur Typenberechtigung auf der Fokker 50 ( das war aber nur ein Marketingname, denn eigentlich F 27 Mark 050, ein Derivat der Fokker 27, die für Fracht-, kurze Passagier- und vor allem afrikanische Despotenprivatflüge gebaut wurde) dauerte fast zwei Monate !

Irre, die DHC – 7 erforderte nur drei Wochen. Aber wenn der Unterricht nur für die Einstiegstür 2  ½ Tage dauert, ……

Fokker 27

Simulator Training in Maastricht, meistens mitten in der Nacht, weil da der Sim am preisgünstigsten ist – wir werden in 2-Bett Zimmern untergebracht und haben kaum Ruhe und Rückzugsraum – AUA Regeln halt, wir sind ja offiziell  „Flugschüler“.

Danach Platzrundenflüge in Bratislava um das Landen zu üben. Bei den Durchstartübungen (Go Around Training) spüre ich im Seitenruderpedal, das jedes Mal, beim Leistung geben, mit einem Triebwerk starke Vibrationen, da die Strömung fast abreißt – und das ist lebensgefährlich ! (Piloteninfo: Fokker hat die Triebwerke getauscht und damit die Leistung vergrößert – F27 RR Dart mit 2250 PS, F50 PW2500 auf 2500 PS . Wegen der „grandfather rules“ wurde aber das Design des Seitenruders beibehalten und nur der Ausschlagwinkel vergrößert um die größere Asymmetrie auszugleichen. Bei niedrigen Gewicht = Speed ziemlich letal).

Darüber hinaus beeindruckten mein Kollege O. – auch er wechselte von Tyrolean – und ich unseren Chefpiloten mit unseren weichen Landungen – „He Burschen, wie macht ihr das“  (Originalton).

Dazu muss man bemerken, dass AUA eine Trainingsunterstützung vom Hersteller abgelehnt hat, denn – wir haben unsere eigenen Companie Verfahren, die bewährt sind. So wurde also ein DC-9 (Düse)  Kapitän, der irgendwann in Afrika kurz F 27 geflogen war, zum Trainingschef auf der F 50 gemacht. Und da er davon so begeistert war, hat er einfach das Flughandbuch des Düsenfliegers genommen und überall dort, wo DC 9 stand – Fokker 50 darübergeschrieben ( so ein böses Gerücht).

Da aber Jet und Turboprop zwei völlig unterschiedliche Welten sind (ein Jet fliegt sich viel einfacher), fielen die AUA Fokker bei jeder Landung schlicht aus dem Himmel (Piloteninfo: wenn man beim Anflug in 50 ft Höhe und max. Prop RPM die Leistung auf Idle -Leerlauf reduziert, bremst der Flieger so stark, dass man nicht mehr ausflaren kann – Bumms).

Aber wichtiger in dieser Phase der Typeneinführung war ja sowieso die Diskussion über die Breite der goldenen Streifen auf der Uniform. Man einigte sich dann auf 14 mm für die Jetpiloten und 12 mm für Propellerknechte – irre, oder ?

Das nächste Problem begann mit den Flügen von den Bundesländerflughäfen nach Frankfurt. Nach unseren Firmenverfahren für Anflüge (wir erinnern uns, sie kamen ja von der DC 9 = Jet) mussten wir die Anfluggeschwindigkeit etwa 15 km vor der Piste auf Aufsetzgeschwindigkeit + 10 km/h drosseln – das war auf unserem Flieger etwa 170 km/h, während ein Jet in der gleichen Konfiguration mit ca. 240 km/h unterwegs ist. Wir verursachten daher bei jedem Anflug etwa 3 Durchstartmanöver von nachfolgenden Düsenflugzeugen, Chaos für Frankfurt. Ab dem zweiten Tag unserer Frankfurt Flüge  wurden wir von den Anfluglotsen zuerst einmal in das berühmte  „Charlie-Holding“ geschickt (zumindest für eine Stunde), bevor wir eine Anfluggenehmigung erhielten um die Jets nicht zu stören. Würde gerne wissen, wie viele Passagiere dabei ihre Anschlußflüge verpassten.

Dann kam Salzburg. Wir Piloten waren ja schon informiert, dass die Fokker 50 in Australien bei starkem tropischem Regen Triebwerksprobleme und auch Ausfälle zu beklagen hatte (wegen eines Konstruktionsproblems des Lufteinlasskanals zur Turbine), aber in Österreich hatten wir noch keine Probleme damit.  Abendflug von Frankfurt nach Salzburg. Mein Kapitän ein richtiger SIR (immer ruhig und er zog sich jedes Mal kurz vor der Landung Handschuhe an um stilvoll aufzusetzen), sehr erfahren – ehemaliger Bundesheer Jet Fluglehrer. Starker Schnürlregen, Dunkelheit (etwa 21:30 Uhr) – knapp 20 km vor der Landebahn verliert das rechte Triebwerk Leistung, läuft zwar weiter, lässt sich aber nicht mehr regeln. Wir beschließen es nicht abzustellen und erhöhen die Leistung am linken Motor um auszugleichen. Der Regen wird immer stärker je weiter wir zur Landebahn kommen. Ca. 10 km vor der Piste beginnt nun auch der linke Motor unrund zu laufen, er verliert Leistung, dann kommt sie wieder zurück um gleich wieder abzufallen. Der Kapitän sagt mir, die Außenlandewiese vom militärischen Fliegen kurz vor der Piste findet er, wenn nötig, sicher auch in der Nacht, also machen wir weiter – haben eh keine andere Option – er informiert den Flughafen und die Kolleginnen in der Kabine über das Problem. Ich wünsch mir jetzt auch Handschuhe, denn meine Hände beginnen zu schwitzen beim Weiterflug. Es werden die längsten 3 Flugminuten meines Fliegerlebens. Doch wir schaffen es zur Piste, setzen auf und rollen zur Abstellposition.

Das Debriefing findet in der bekannten „Pauli Stub`n“ statt und mein Sir und Kapitän vertrug bemerkenswert …..

Angst, ja – hat man, in solch einer Situation darf sie aber nicht beherrschen – die Professionalität übernimmt und nur Ruhe bringt einen durch Ausnahmesituationen.

©Andreas Zöpfl | luftlandwasser.com

Etwa zwei Wochen später eröffnet mir mein Chefpilot P. die Zukunft: er beginnt mit : Ich habe eine gute und eine etwas weniger gute Nachricht für dich … die Gute : du wirst Kapitän, aber du kannst dann nicht nach drei Jahren auf Jet wechseln, sondern erst nach fünf“.

Auf dem Nachhauseweg vom Flughafen stoppe ich bei einem lieben Freund aus Tyrolean Tagen, der bei Lauda Air als Kapitän auf der Boeing 737 fliegt. Ich bespreche mit ihm mein offensichtliches Problem: Ich will auf einer Flugzeugtype, die ich als nicht zuverlässig empfinde, eigentlich nicht weiterfliegen, wobei das Kapitänsgehalt schon toll wäre. Wir diskutieren zwei Gläschen Veltliner lang, dann fahre ich heim.

Abendessen mit den Kindern, noch etwas spielen und die Zwerge ins Bett bringen – um acht Uhr abends klingelt das Telefon, ich hebe ab: „Zöpfl“ – eine wohlbekannte Stimme antwortet: „Hallo, hier ist Niki L. – ich habe gehört, sie fliegen die Fokker 50 nicht so gerne, würde sie gerne morgen zu mir in die Lauda Air einladen, da könnten wir Alternativen besprechen“  – –   Whow, ich sage noch so etwas wie – „ gerne, ich komme morgen zu Ihnen“ und denke mir nur – danke Manfred!

p.s.: Natürlich habe ich am nächsten Tag den angebotenen Copi Vertrag für die Boeing 767 unterschrieben – denn Geld zählt nicht wirklich im Leben – allerdings wollte die graue Personaleminenz der AUA (ich war der erste Pilot, der freiwillig von AUA zum „Feind“ Lauda wechselte) mir ein Lizenzentzugsverfahren  – wegen geistiger Instabilität – beim Bundesamt für Zivilluftfahrt anhängen. –Der damalige Chefpilot der AUA, Dr, Sch. hat das aber, nach einer persönlichen Aussprache mit mir („Ich hätte genauso gehandelt“), wieder zurückgezogen !

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