Frecce Tricolori 2022 – Ponyreigen in den Bergen – ein exklusiver Blick hinter die Kulissen

Airpower22, Europas größte Airshow – veranstaltet von Bundesheer, Red Bull und dem Land Steiermark findet endlich wieder statt. Als Highlight (neben vielen anderen sehr hellen Lichtern) wurde auch diesmal die wohl beste militärische Kunstflugstaffel aus Italien eingeladen. Ich durfte diese Ausnahmekönner am Himmel das erste Mal vor ca. 40 Jahren bewundern und bin seit damals von ihrer unglaublichen Präzision des Displays immer wieder begeistert.

Ohne die Leistungen der Displaypiloten der modernen Kampfflugzeuge schmälern zu wollen, aber bei diesen „fly by wire“ gesteuerten Luftfahrzeugen werden mittels Steuerknüppel und Leistungshebel Flugzustände angefragt, der Flugcomputer rechnet dann und präsentiert das Ergebnis. Kein Computer, kein fliegen – nix, hat mit manueller Flugkunst nicht mehr viel gemein.

 Die MB 339 PAN der Frecce ist noch analog, ohne Fluglagecomputer, daher mein riesengroßer Respekt vor diesem Team.

Die Geschichte der italienischen „Dreifarbigen Pfeile“ reicht zurück bis in die 20er Jahre des letzten Jahrhunderts. Damals begeisterten sich einige hohe Fliegeroffiziere in England am Formationskunstflug und gründeten eine Kunstflugstaffel in der Nähe von Udine. 1954 wurde die erste Jet Kunstflugstaffel, die „Cavallino Rampante“ (tänzelndes Pferdchen – und dieses Pferdchen lebt bis heute!) auf DH 100 Vampire aufgestellt. Am 1. Juli 1961 wurde die Staffel auf den heutigen Namen getauft und flog mit F-86 Flugzeugen. 1963 wurde auf Fiat G.91 umgestellt und fliegt nun seit 1982!! auf der noch heute genutzten MB 339 PAN.

 Die Heimatbasis ist der Flughafen Rivolto bei Udine, die Staffel besteht im Display aus 10 Maschinen – und ihre Funkrufzeichen (siehe Pferdchen) „Pony 1 (Formation Leader) – Pony 10 (Solist)“, der Staffelkommandant fliegt als „Pony 0“ als Capo Formazione bei den Überstellungsflügen

Das große Display umfasst 18 Manöverfiguren, dauert etwa 30 Minuten, wird mit Geschwindigkeiten bis knapp 680 km/h geflogen und das in bisweilen ziemlicher Bodennähe (100 ft / 30 m). Plötzlich habe ich das bergige Gelände rund um Zeltweg im Geist, der nächste Gedanke: „Wie geht denn das eigentlich ???“

Mein Gedächtnis schweift in die Vergangenheit – vor vielen Jahren bin ich für die italienische Blue Panorama Airlines geflogen und „durfte“ über zwei Sommermonate zusammen mit einem ganz lieben italienischen Kapitänskollegen jeden Sonntag unsere zwei B 757 zum wirklich kleinen Inselflughafen von Pantelleria pilotieren. Da haben wir uns richtig angefreundet und viele gute Gespräche geführt. Und dabei hat er mir auch erzählt, dass er einige Jahre Pilot der Frecce Tricolori war, die letzten zwei davon war Maurizio G. sogar der Solist. Wir hatten uns zwar etwas aus den Augen verloren, aber ich kontaktiere ihn und konfrontiere ihn mit meiner Frage. Ich glaube es ja kaum, aber er bietet mir sofort an, eine Brücke zur Staffel zu bauen, damit ich mir diese Informationen direkt bei den Akteuren abholen kann  –  WHOW

Ich akkreditiere mich mit meinem Presseausweis bei der Airpower und bekomme von einem Schulkameraden die nächste Brücke, diesmal zum Kommando der Airpower gebaut – danke Robert!

Dort ist man zuerst etwas verwundert, denn den Termin zum Exklusivinterview mit dem Kommandanten der Frecce Tricolori glaubt man mir zuerst nicht so recht, sichert mir aber trotzdem volle Unterstützung zu. Fahre schon am Donnerstag nach Zeltweg, da werden die Displays zur Abnahme durch den Display Director schon einmal vorgeflogen. Als ich aus dem Auto steige, sind auch gerade die Frecce dran. Wieder begeistern mich ihre präzisen, in den Himmel gezeichneten Figuren und das bei recht tiefer Wolkenuntergrenze. Am Abend im Hotelzimmer bekomme ich dann auch noch vom Presseoffizier der Staffel die Interviewbestätigung.

 Sie wird dann am nächsten Tag zwar nochmals um 24 Stunden verschoben – so kann ich die Atmosphäre der Veranstaltung mit 125 000 Besuchern und die Displays der anderen Teilnehmer genießen. Die Schweizer F 5 Staffel, die Kroatischen PC 9 und das Team der Flying Bulls begeistern besonders. Dann, ziemlich am Ende der Veranstaltung meine Favoriten – wieder finde ich in mir pure Begeisterung für die italienischen Könner

I

Samstag, letzter Tag – 150 000 Besucher lassen die Anreise staubedingt etwas mühsam werden, aber Militär und Polizei haben die Situation bestens im Griff. Nach einer Pressekonferenz der Veranstalter werden wir interessierten Pressevertreter mit einem Bus zum Hangar gebracht, wo die Frecce und die Patrouille Swiss ihre Zelte aufgeschlagen haben.

Nach kurzer Wartezeit stehen dann die Frecce Tricolori Piloten zur Verfügung, Fotos werden gemacht und allgemeine Info ausgetauscht. Uff, dann fragt der Chef Tenente Colonello Stefano Vit nach mir, ich stelle mich vor und überbringe die Grüße Maurizios an die Staffel. Stefano sichert mir sofort zu, mir nach dem allgemeinen Gespräch zu Verfügung zu stehen. Und so geschieht es auch.

Er nimmt mich zur Seite und ich stelle die erste Frage. Stefano lächelt und meint, dies gehe jetzt ziemlich in die Tiefe und lädt mich ein mit ihm in den Briefingraum der Staffel zu kommen. Dort werde ich allen Piloten vorgestellt und dann folgt eine fast 30-minütige Reise in die Welt der besten Kunstflugformation der Welt. Natürlich werden heute moderne Techniken und Computerprogramme genutzt um das Displayprogramm an die jeweilige Umgebung anzupassen (immerhin müssen bei einzelnen Manövern bis zu neun Flugachsen koordiniert werden und das 3-dimensional – Hindernisfreiheit) und dank dieser geht das einfach schneller als früher, aber am Ende des Tages bleibt nur Routine und pure handwerkliche Flugkunst über, um ein solch umfangreiches Programm sicher zu fliegen. Da die MB-339PAN teilweise bis an ihre Leistungsgrenze geflogen wird, bleibt nur sehr wenig Raum um Fehler auszubessern.  Um die nötige unheimlich präzise Steuerführung aller Piloten sicherzustellen und zu erhalten gibt es nur einen Weg versichert Stefano mir – und das gilt eigentlich ja auch für alle anderen Luftfahrer – fliegen, fliegen und nochmals fliegen

Dann merke ich wie die Konzentration bei den Piloten zunimmt, die Vorbereitung auf das Display beginnt. Stefano bringt mich wieder vor den Hangar, wir machen noch ein Abschiedsfoto und er ersucht mich die Grüße des Teams an Maurizio auszurichten. Ich verabschiede mich von ihm und bedanke mich für die Einblicke die er mir ermöglicht hat.

Die Techniker beginnen nun die Flugzeuge fertig zu machen. Bald darauf steigen die Piloten ein und schnallen sich an. Zehn Triebwerke werden angelassen und die Cockpithauben geschlossen. Der Tower erteilt die Freigabe zur Startbahn zu rollen und dann folgt das:

 „Pony Formation: cleared for take off“.

Die Triebwerke heulen auf und die Formation rollt an.

Der Ponyreigen in den Bergen kann beginnen !

(ich wäre gerne mitgeflogen)   

copyright ÖBH oder Andreas Zöpfl / luftlandwasser.com

E

 

Scroll to Top