Die legendäre De Havilland Dash 7 – ein Privileg zu Beginn.

Spätherbst 1986: Copiloten-Selektion in Innsbruck, Tyrolean Airways sucht zwei Piloten. Zwanzig Bewerber wurden eingeladen und ich bin einer davon. Nach zwei Tagen Theorie-, Gesundheit- und Praxistests bin ich an dritter Stelle gelistet – vor der Heimfahrt aber rät mir der Chefpilot noch: „Machen sie doch den theoretischen Linienpilotenkurs bei der AUA in Wien, denn in der Fliegerei weiß man nie genau was passiert und sie hätten dann das nächste Ticket zu uns.“ So bekomme ich einen Kursplatz, brauche aber drei Wochen unbezahlten Urlaub im Vermessungsamt – das sollte für mich als pragmatisierten Beamten doch kein Problem sein. Ist es aber, mein Chef, der Herr wirklicher Hofrat legt sich quer. Also werfe ich den sicheren Lebensjob hin, kündige und sitze einen Monat später im Kurs.

Vorstellrunde: nacheinander stehen wir Teilnehmer auf und beschreiben uns zwei Minuten lang. Da ich zwischen zwei Besitzern von Luftfahrtunternehmen sitze, beginnt mein Vortrag mit: „Mein Name ist A.Z., ich habe in der Fliegerei noch keinen Job …“ – es klopft an der Klassentür, die Sekretärin tritt ein: „Entschuldigung, Telefonat für A.Z.“: Es ist der Innsbrucker Chefpilot: „Gut, dass sie am Kurs sind, uns ist ein Pilot ausgefallen – sie kommen auf die Dash 7“.  – Zurück im Lehrsaal beginne ich meine Vorstellung neu: „ Also, mein Name ist A.Z., ich habe jetzt einen Job – Tyrolean Airways ……“

Schon vier Wochen später, die Prüfung ist erfolgreich abgelegt, sitze ich im Flugzeug nach Toronto um bei der Trainings Organisation „Flight Safety“, die notwendige Typenberechtigung zu machen (als einziger Schüler dieses Kurses) und wieder drei Wochen danach , sitze ich dann wirklich das erste Mal im Cockpit dieses legendären viermotorigen Flugzeuges und mache meinen ersten Trainingsflug – ohne Passagiere (für die Dash 7 gab`s keinen Simulator)  – ein Traum ist in Erfüllung gegangen.

De Havilland Canada baute schon immer Flugzeuge mit ausgezeichneten Kurzstart- und Landeeigenschaften und mit der Dash 7 wollte man in den Markt der damals boomenden Regionalfluggesellschaften mit einem 50-sitzer eintreten der von 2000 ft Landepisten (ca. 610 m) aus sicher operieren konnte.

Tyrolean nutzte das aus und so landeten wir im Sommer regelmäßig auf der griechischen Insel Paros, damals 710 Meter Schotterpiste. War eigentlich vorgesehen nur für die Kapitäne zu landen, es galt aber quasi als „Ritterschlag“ für uns Copis, wenn der Chef vor Abflug das erste Mal sagte: „Heute bist du mit Paros dran!“. Der Ablauf war dann immer der Gleiche, von Österreich (Innsbruck, Salzburg, Linz und Wien) nach Saloniki zum auftanken – Paros hatte keinen Tankwagen – weiter zur Kykladen Insel  – Erstfunkspruch von Paros war immer: „this is Paros Tower, the weather is gooood!“  – nona – Sommer in Griechenland. Dann ein tiefer Überflug über der Piste, um zu sehen ob sich kein Esel darauf verirrt hat und dann die Landung. Ziel: Nach halber Pistenlänge (400m) – aber OHNE die Radbremsen zu benutzen – zur Abstellfläche abzurollen, um sich Umdrehen am Ende der Landebahn und zurückrollen zu ersparen. Funktionierte immer problemlos – genial!

Im Winter war der Altiport Courchevel am Fuße des Mt. Blanc Massives die kürzeste Piste (damals 350 m lang und steil wie der Zirler Berg), ein Charterflug für Air France von Paris – für die Schönen und Reichen ein Wochenendtrip ( die Kolleginnen in der Kabine hatten immer feuchte Augen wegen der Qualität der Pelzmäntel ….). Standartfunkspruch nach der Landung: „Bon Jour Dash 7, the coffee is ready“. Aber diese Operation kann man schwer beschreiben, das muss man sich ansehen:

Tyrolean Dash 7 landing at Courchevel – YouTube

Rückblickend war es eine tolle Zeit – ein zusammengeschweißtes Team, fliegerisch sehr herausfordernd und lehrreich, mit vielen verschiedensten Facetten – vom Großflughafen Frankfurt (mit speziell auf die Leistungsfähigkeiten des Flugzeugs zugeschnittenen An- und Abflugprofilen) bis zum Föhnsturm in Innsbruck ( kein Flug wurde wegen Föhn abgesagt, aber wir hatten wegen der verbundenen Turbolenzen, laut betende Klosterschwestern  an Bord und einmal tanzte ein Amerikaner nach dem Abstellen der Triebwerke und Öffnen der Türe ums Flugzeug herum, den großen Hut schwenkend und ausrufend: „Hey, I am still alive !!!“.

Ein herzliches Dankeschön an Alle mit denen ich damals arbeiten durfte für die grandiose Zeit.

Eigentlich gab es nur einen Wermutstropfen, wir Copiloten bekamen damals immer nur einen Sechsmonatsvertrag, dann war man ein, zwei Tage arbeitslos gemeldet und dann begann das Spiel von Neuem. Als ein Kollege und ich dann zur AUA in eine Dauerstellung wechselten (informierten den Chefpiloten aber vorab und boten an bei unbefristeter Anstellung zu bleiben), haben die Tiroler auch umgestellt – die Kollegen hat es gefreut.

p.s.: Habe versucht über Austrocontrol herauszufinden, wie viele österreichische Piloten auf der Dash 7 fliegen durften – man konnte mir kein Ergebnis mitteilen – gut, sie amtieren ja auch in der Schnarch- … ups … Schnirchgasse in Wien 😉 . Aber es müssen so 30, maximal 35 Kollegen gewesen sein. Und das ich in dem Team dabei sein durfte, empfinde ich bis heute als ganz großes Privileg – viermotorig fliegen, einfach großartig !

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